Mittelalterliche Tiershows
Die Unterhaltungsindustrie boomt, nie zuvor gab es derart viele Optionen, sich unterhalten zu lassen. Selbst althergebrachte Unterhaltungsangebote haben den Geist der Zeit erkannt und längst auf moderne Varianten umgesattelt. Das Oktoberfest macht es mit all seinen Fahrgeschäften vor.
Inmitten dieser riesigen und stetig wachsenden Auswahl trotzen jedoch einige wenige Gewerbe hartnäckig und mit allen Mitteln der Zukunft. Sie verwenden weiterhin Tiere als Attraktionen und aus Gründen vermeintlicher Tradition – finsterstes Mittelalter mitten im 21. Jahrhundert. Auf Ausbeutung basierende Tiershows bunt und fröhlich vermarktet.
Offenkundige Tierschutzvergehen
Seit Jahren beobachte ich die Münchner Volkfeste, habe ich immer wieder Verstöße gegen das Tierschutzgesetz dokumentiert, Anzeige erstattet und die Politik informiert. Verhaltensstörungen und Leid bei den Ponys im Ponykarussell durch das stundenlange monotone Kreislaufen. Apathische und tote Mäuse im Mäusezirkus. Unnötige Dressuren der Flöhe im Flohzirkus. Körperliche und seelische Schäden bei den Brauerei-Pferden durch Dauerstress und lautes Böllern bei der Eröffnung. Die Liste der Tierschutzvergehen ist lang, bekannt und wird geduldet.
Ein Leben auf Beton, hinter Gittern und Glas. Unter unpassenden klimatischen Bedingungen. Transporte unter Mangel von Platz und Versorgung. Der natürlichen Bedürfnisse beraubt. Mit schweren Verhaltensstörungen und erhöhter Sterblichkeit gestraft. Kaum gute tierärztliche Versorgung, Dressur unter Einsatz von physischer und psychischer Gewalt und Zwang. Laute Musik, grelle Lichteffekte umliegender Fahrgeschäfte und der Besucherlärm. Volksfeste sind kein Spaß für Tiere. Die den Tieren arteigenen natürlichen Bedürfnisse und Wünsche können hier per se nicht befriedigt und gewährt werden.
Volksfeste sind kein Spaß für Tiere. Die den Tieren arteigenen natürlichen Bedürfnisse und Wünsche können hier per se nicht befriedigt und gewährt werden.
Keinerlei Konsequenzen
Dennoch findet das rückständige Treiben kein Ende, wird der Ausbeutung von Tieren auch auf dem größten Volksfest der Welt kaum Einhalt geboten. Ernsthafte Konsequenzen gibt es selbst bei dokumentierten und gemeldeten Verstößen so gut wie nie. Wie so oft ist es eine politische Minderheit, die der Zukunft entgegensteht und das unnötige Tierleid weiter gewähren lässt.
Veterinärämtern sind oft die Hände gebunden, durchgreifende Gesetze fehlen, die geltenden Leitlinien sind eine Farce und nicht wirklich rechtskräftig. Nicht wenige lokale Beamt*innen sind froh, wenn der Trubel schnell vorbei ist und keine zusätzliche Arbeit anfällt. Ein so dringend nötiges Tierverbot scheitert nicht an der Masse, die es im Rücken hat, sondern an den persönlichen Befindlichkeiten einiger weniger – ein unsäglicher Skandal.
Persönliche Befindlichkeiten & Lobbyismus
Josef Schmid (CSU), der ehemalige 2. Bürgermeister Münchens, brachte 2016 auf einer Stadtratssitzung, der ich beiwohnte, die emotionale Faktenblindheit der Verantwortlichen treffend auf den Punkt. So argumentierte er als Antwort auf den Antrag auf ein Verbot des Ponykarussells, bei dem ich mitgewirkt hatte, dass er nicht “die glänzenden Augen” seiner Enkeltochter missen möchte, wenn sie auf einem Pony sitzt. Der Stadtrat lehnte daraufhin den Antrag auf ein Verbot ab.
Argument “Begegnung Kind – Tier”
Jegliche gern vorgebrachte Annäherung von Mensch und Tier ist eine, bei der insbesondere Kindern ein falsches Bild von Tieren vermittelt wird: Statt eines liebe- und respektvollen Umgangs lernen sie bei derartigen Betrieben ausschließlich, dass Tiere nicht mehr sind als Maschinen, die durchgehend funktionieren müssen und nach Belieben zur Bespaßung missbraucht werden dürfen.
Argument “Berufsverbot”
Die von tierführenden Schausteller*innen und ihren Unterstützer*innen gebetsmühlenartig vorgetragene Behauptung, ein Ende der Tierdressuren würde einem Berufsverbot gleichkommen und sie in Existenznöte versetzen, ist klar widerlegbar. So gut wie alle Schausteller*innen haben nachweislich weitere Fahrgeschäfte und Buden. Somit ist eine finanzielle Notlage durch ein Verbot auszuschließen.
Argument “Tradition”
Die Begründung, die Zurschaustellung von Tieren habe ‘Tradition’, rechtfertigt in keiner Weise das offensichtliche Leid, dem die Tiere auf Volksfesten ausgesetzt sind. Abgesehen davon, dass es keine für künftige Generationen zu übermittelnde wertvolle ‘Tradition’ ist, auf Ponys im Kreis zu reiten, Flöhe und Mäuse zu Kunststücken zu nötigen und Brauerei-Pferde als Zugmaschinen zu missbrauchen, rechtfertigt Tradition niemals Unrecht.
Abgesehen davon, dass es keine für künftige Generationen zu übermittelnde wertvolle ‘Tradition’ ist, auf Ponys im Kreis zu reiten, Flöhe und Mäuse zu Kunststücken zu nötigen und Brauerei-Pferde als Zugmaschinen zu missbrauchen, rechtfertigt Tradition niemals Unrecht.
Tiere als lebendige Attraktionen zu benutzen, ist schlichtweg Tierquälerei und absolut unnötig. Tradition ist kein Muss, sondern eine Abwägungssache. Bei den Tierbetrieben überwiegt der den Tieren zugefügte Schaden ganz klar den vermeintlichen Spaß der Volksfestbesucher*innen und den Profit der Schausteller*innen.
Traurige Tieraugen unterhalten nicht
Die Besucher*innen der Wiesn sind schlau genug, zu erkennen, dass es den Tieren auf einem lauten Volksfest nicht gut gehen kann. Das ist kein Geheimnis. Nie würden sie ihre*n tierischen Mitbewohner*in diesem Stress aussetzen.
Gerade auf dem Oktoberfest gibt es genügend Schaustellerbetriebe und Attraktionen, die Besucher*innen jeden Alters begeistern – von zahlreichen verschiedenen Achterbahnen und Kinderkarussells bis hin zu Irrgärten, Geisterbahnen und dem Riesenrad – alles Attraktionen, die ohne den Einsatz von Tieren auskommen und für gute Unterhaltung sorgen. Und darum geht es ja, gut unterhalten zu werden und gemeinsam Zeit mit seinen Lieben zu verbringen. Traurige Augen gebrochener Tiere stehen dem nur im Weg.
Simple Lösung
Ein generelles Tierverbot ist nicht nur der einzige und zeit- und kostengünstigste Weg, echten Tierschutz zu garantieren, sondern eine derartige Entscheidung ist eine mit Herz und Verstand. Würden tierführende Schaustellerbetriebe in einer Großstadt wie München auf dem weltweit größten und bekanntesten Volksfest verboten, hätte München eine Vorbildfunktion für die ganze Welt.
Ich bitte alle Großeltern und Eltern darum, auf ihr Herz zu hören und die Tierattraktionen zu meiden. Eine Stadt, die sich ‘Weltstadt mit Herz’ tituliert, soll und darf dieses auch zeigen!
Dieses Presse-Statement wurde u.a. von der Abenzeitung München aufgegriffen. Den zugehörigen Artikel finden Sie hier.